Geschichtshausarbeit „Heimat ist überall. Der Heimatbegriff in Weblogs und auf Instagram“

Das Semesterende nähert sich, die ersten Noten treffen ein. (YAY!)

Mein Kurs „Heimat“ in der modernen Welt war mein Vertiefungskurs in Neuer und Neuester Geschichte. Als kleines Nebenfach muss ich nur zwei der drei großen Epochen abdecken, was in meinem Fall heißt: Ich ignoriere die arme Antike und kümmere mich um Mittelalter und eben die neue Geschichte.

Im Heimatkurs haben wir uns mit den verschiedenen Bedeutungen, die dieses Wort haben kann, auseinandergesetzt. Zunächst lasen wir verschiedene Texte aus mehreren Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, und einige Wochen später kamen dann unsere Referate dran. Dazu sollten wir uns zu Gruppen zusammentun und uns ein Thema ausdenken. Frau Gröner knurrte innerlich, denn Gruppenarbeit kann ich überhaupt nicht leiden. Ja, das ruiniert garantiert den ersten Eindruck in der Bewerbung, wenn man sich als teamunfähig outet, aber wenn ich irgendwas in meinen diversen Lebensjahrzehnten gelernt habe, dann: TEAM – Toll, Ein Anderer Macht’s. Ich sitze lieber alleine vor meinen Büchern; wenn’s eine gute Note wird, ist alles meins, und wenn’s eine schlechte wird, erst recht. Netterweise traf ich auf zwei Kommilitoninnen, die auch eher Einzelkämpferinnen sind, und so überlegten wir uns ein Oberthema, das wir getrennt voneinander bearbeiten konnten.

Dass wir uns ein Thema selbst überlegen sollten, kannte ich auch noch nicht: Normalerweise zücken die Dozierenden in der ersten Stunde eine schöne, saubere Liste mit schönen, sauberen Themen, um die wir uns dann kloppen. Hier war die Ansage: „Denken Sie sich was aus, Sie haben ja anhand der Texte der letzten Wochen einige Ansatzpunkte sammeln können.“ Und wo ich innerlich dachte, super, jetzt reden fünf Teams über Ostpreußen, durfte ich (natürlich) feststellen, dass dem nicht so war, der Dozent total recht hatte und ich, wie immer, keine Ahnung.

Die Gruppen beschäftigten sich zum Beispiel mit so unterschiedlichen Dingen wie dem Asylverfahren in der Bundesrepublik, der Geschichte des Staates Israel, dem Max-Frisch-Fragebogen zu Heimat, einem Eurodistrikt in der Nähe von Straßburg, dem ständig umherreisenden Fußballtorwart Lutz Pfannenstiel, und unsere Gruppe referierte über „Heimat in der medialen Vermittlung.“ Meine Mitstreiterinnen erzählten etwas über den deutschen Heimatfilm nach 1945 und brasilianische Volksmusik, und ich guckte mir an, wie oder ob Heimat im Internet stattfindet.

Die Arbeit dazu hat mir sehr viel Spaß gemacht und ich hätte gerne doppelt so viel Platz gehabt. Die vielen Forschungspositionen zu diesem fies-schwammigen Begriff konnte ich gefühlt nur streifen bzw. in die Fußnoten packen, damit die Arbeit nicht noch länger wird. Auch zu Weblogs und Instagram hätte ich deutlich mehr schreiben können, von der Medienart an sich bis zu ihrer Nutzung und Rezeption. Die Belege zu Weblogs fand ich sehr putzig: Anstatt einfach in jede Fußnote zu schreiben „Ich bin Anke, ich blogge seit 2002, ask me anything“, musste ich gucken, wie andere diese Bewegung empfunden haben und sie zitieren. Über Instagram gibt es noch so gut wie keine wissenschaftliche Literatur; kein Wunder bei einer App, die es erst seit 2010 gibt, aber dass ich gerade mal zwei amerikanische Aufsätze von 2014 und 2015 fand, die ich nutzen konnte, erstaunte mich dann doch. Gerade in der Kunstgeschichte müssten wir uns doch um das Ding reißen: Die Filter als Kunstimitation, das Selfie als neue Porträtgattung und natürlich generell die Sujets, die abgebildet werden und sich von bisherigen Bildmotiven unterscheiden. Oder nicht? Ich persönlich würde gerne eine Linie von niederländischen Stillleben des Barock zu #Foodporn ziehen, aber ich habe leider keine Zeit. (Im Master dann.)

Lange Rede, kurze Arbeit: hier ist sie.

Die Gesamtnote des Kurses ist 1,2 – das setzt sich aus der Hausarbeit, der Klausur und dem Referat zusammen. Die Einzelnoten habe ich noch nicht, aber gefühlt war die Arbeit meine beste Leistung. Bis ich was vom Dozenten höre, kann ich also nur raten, ob es meine Lieblingsnote geworden ist.

Hausarbeit „Grimald von St. Gallen: Staats- oder Gottesmann?“

Der hübsche Titel da oben ziert das Deckblatt meiner Hausarbeit im Geschichts-Basiskurs Mittelalter, auf die ich meine erste 1,0 bekommen habe. In Referaten oder als Gesamtnote von anderen Kursen hatte ich das vorher schon hingekriegt, aber unter meinen Hausarbeiten stand bis jetzt immer 1,7 oder 1,3. Jetzt nicht mehr, ha!

Das Feedback meiner Dozentin: „Eine in Konzeption, Durchführung, in der Auswertung von Literatur und Quellen und nicht zuletzt sprachlich exzellente Arbeit.“ Vulgo: kann man machen.

Ich habe mich über die Note sehr gefreut, denn bei dieser Arbeit hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, wissenschaftlich zu arbeiten bzw. mir wirklich eine Frage zu beantworten, die so noch nicht gestellt wurde. Das klingt so simpel, aber in den ersten Semestern hatte ich bei den Hausarbeiten und Referaten immer das Gefühl des Nacherzählens, das heißt, ich gab gefühlt nur wieder, was schon andere vor mir erforscht hatten und brachte es, wenn’s hoch kommt, in eine neue Reihenfolge. Das war dieses Mal nicht so. Ich erinnere mich an den Moment in der Bibliothek des Historicums, als ich das zweite Zwischenfazit unter 4.3 tippte und quasi beim Schreiben merkte, dass mir gerade eine Erkenntnis gelungen war, die ich so noch nicht in der Literatur gelesen hatte. Ich hätte gerne genau in diesem Moment einen Sekt geköpft, aber ich hatte nur meine olle Wasserflasche dabei. Also lehnte ich mich zurück, genoss den Augenblick, tippte hektisch weiter und gab die Arbeit mit wahrscheinlich leuchtend roten Öhrchen ab, weil ich so stolz auf sie war.

Den Sekt habe ich dann aufgemacht, als ich die Note online in meinem Transcript of Records entdeckt hatte. Und heute abend mache ich noch einen auf, denn meine Dozentin fragte mich bei der Rückgabe der Arbeit, ob ich Interesse an einer Hiwi-Tätigkeit hätte: „Sie scheinen ein Talent für die wissenschaftliche Arbeit zu haben.“ Zweitkarriere, here I come.

Wer die Arbeit zu Grimald lesen möchte – bitteschön. Eine Winzigkeit hatte meine Dozentin angemerkt: Auf Seite 11 spreche ich vom Ulmer Vertrag und belege das in Fußnote 80 – da hätte ich die genaue Urkunde über diesen Vertrag anführen können anstatt Sekundärliteratur. Und in der Literaturliste sind zwei Ungenauigkeiten, die lasse ich mal so stehen. Wer immer diese Arbeit klaut, hat sie dann auch, nänänä.

PS: Wie immer hat auch Frau Kaltmamsell ihren Beitrag zu dieser Arbeit geleisten, denn sie ist seit vier Semestern meine treue Korrekturleserin und weist mich gerne auf Gedankengänge hin, die nur ich verstehe.